Die „Böse-Schwiegertochter-Falle“


Die Heirat des Sohnes und damit die Ankunft einer Schwiegertochter, die Geburt der Enkelkinder, die Übergabe des Betriebes fallen oft in einen zeitlich eng begrenzten Rahmen von ein paar wenigen Jahren.

Diese Ereignisse ziehen für alle Beteiligten grosse – vor allem auch gefühlsmässige - Veränderungen nach sich. Die ältere Generation muss ins zweite Glied zurücktreten, sie realisiert, dass ihr Leben „endlich“ ist, dass sie nichts oder fast nichts mehr zu sagen hat auf dem Betrieb. Sie muss „machtlos“ zusehen, wie der Betrieb sich verändert (andere Betriebszweige, mehr Ökologie usw.). Oft war der Hof einziger Lebensinhalt der älteren Generation, sie hat keine anderen Beschäftigungen, keine „Hobbys“, sie weiss nicht, was sie mit ihrer Zeit anfangen soll. Dies macht Angst und erweckt oft auch Neid.

Für die jüngere Generation ist die Rolle als Ehemann, Ehefrau, Eltern, Betriebsleiter neu und birgt daher viele Unsicherheiten.

Da doch „bis jetzt immer alles gut ging“, wird die Schuld an den Missständen der Schwiegertochter zugeschoben, denn irgendwer muss ja schuld an den Problemen sein. Dass die ältere Generation es nicht sein kann und auch nicht der eigene Sohn (schliesslich hat die ältere Generation diesen ja erzogen!) versteht sich von selbst, also ist es die Schwiegertochter, die „Fremde“. Die Schwiegertochter wird zum Sündenbock gestempelt.

Wie kann die Schwiegertochter feststellen, ob es sich um „konstruktive Kritik“ oder um „Schwiegertochterrassismus“ handelt?



Sachliche Kritik von Frieda und Ernst, evtl. mit Lösungsvorschlag:

  • Du parkierst dein Auto oft so, dass wir nicht aus unserer Garage fahren können. Könnten wir darüber sprechen, um gemeinsam eine Lösung zu finden?
  • Es ist so, dass unsere Fenster immer schmutzig sind, weil das Wasser aus deinen Blumenkistchen über sie läuft. Könntest du den Geranien jeweils nur wenig Wasser geben?

"Schwiegertochterrassismus"

  • Du willst sowieso immer alles befehlen!
  • Du bist eine faule …!
  • Du mit Deinen modernen Ideen!
  • Du bist schuld an allem!
  • Unsere Kinder waren mit einem Jahr trocken!
  • Du machst unseren Lebensabend kaputt!
  • Du bist eine Emanze!

Wie kann die Schwiegertochter mit solchen Pauschalvorwürfen umgehen?


1. Schritt: Fragen, was genau mit der Bemerkung gemeint ist

Was willst du mir damit sagen „Du willst immer alles nur befehlen“? Was meinst du genau damit? Was soll ich deiner Meinung nach ändern?

Oft ist es so, dass Leute, die das „Böse-Schwiegertochter-Spiel“ spielen, nicht bereit sind, auf solche Fragen zu antworten. Pauschalbeschuldigungen auszusprechen ist viel leichter.
Es liegt nicht in der Macht der Schwiegertochter, die Schwiegereltern zu ändern. Aber „ewiger Gehorsam“ und „ewiges Schlucken“ ist auch nicht die Lösung. Deshalb ist der zweite Schritt der folgende:


2. Schritt: Sich bewusst werden, dass Pauschalbeschuldigungen über den Beschuldiger oft mehr aussagen als über den Beschuldigten
Du bist an allem schuld!

Regula kann sich nun fragen: „Wieso bin ich an allem schuld?“, „Wie habe ich das geschafft, an allem schuld zu sein?“, „ Was ist überhaupt alles?“

Am besten fängt sie gar nicht damit an, sich diese Fragen zu stellen. Sie wird nächtelang an diesen Fragen herum grübeln und nie zu einem Ziel kommen.

Besser ist es, wenn sie die Frage stellt: „Was sagen solche Pauschalbeschuldigungen über den Beschuldiger aus?“
Sie sagen aus, dass der Beschuldiger unzufrieden, frustriert, einsam, unausgefüllt ist, zu wenig Selbstvertrauen hat, lieber die „Schuld“ jemand anderem zuweist als die Verantwortung für sein eigenes Wohlergehen selber zu übernehmen.


3. Schritt: Nicht die Verantwortung für das Wohlergehen anderer übernehmen (ausgenommen Kinder)
Mit Aussagen wie: „Es ist so, dass unsere Fenster immer schmutzig sind, weil das Wasser aus Deinen Blumenkistchen über die Fenster läuft. Könntest Du den Geranien jeweils nur wenig Wasser geben?“ geben Frieda und Ernst Regula die Gelegenheit, ihr Verhalten zu ändern und sich, Frieda und Ernst „glücklicher“ zu machen. Indem sie so mit Regula sprechen, übernehmen sie Verantwortung für ihr eigenes Wohlergehen, sie geben sich selbst die Chance, glücklich zu sein.
Wenn sie Regula jedoch mit Aussagen wie „Du bist an allem schuld!“ ihren Frust vor die Füsse werfen, steht es nicht in Regulas Macht, etwas für Frieda und Ernst zu tun. Denn dies heisst, dass diese sich entschieden haben, nichts für ihr eigenes Wohlergehen zu tun, sondern Regula die Verantwortung dafür zu übergeben.
Jedoch: niemand kann einen anderen glücklich machen, der selber nichts zu seinem Glück beitragen will. Deshalb muss Regula sich auf ihr eigenes Wohlergehen, das Wohlergehen ihrer Familie und ihres Betriebes konzentrieren.

Weiteres Vorgehen siehe unter „Lösungsansätze für die Schwiegertochter“.